Zukunftspotenzial Content-Marketing – Interview mit Prof. Dr. Riekhof

Von | 25. Juli 2016

Content Marketing ist bereits ein fester Bestandteil in der Marketingkommunikation geworden. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen der Studie „Content-Marketing-Strategien in der Unternehmenspraxis“ stimmen dem zu. Doch die Umsetzung von Content-Marketing und vor allem die Erfolgsmessung sind noch nicht ausgereift. Wir haben mit Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof über einige der Ergebnisse gesprochen. Er ist Professor für Internationales Marketing an der PFH Privaten Hochschule Göttingen und hat gemeinsam mit Teresa Jacobi (M.Sc.) die Studie verfasst.

Die Zukunftsaussichten von Content-Marketing werden von den Befragten positiv eingeschätzt (s.Abb.). Wie schätzen Sie das Potenzial von Content-Marketing ein?

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Prof. Dr. Riekhof: Ich kann das Ergebnis unserer Studie aus meinen eigenen Beobachtungen und Gesprächen in Unternehmen heraus nur bestätigen: Menschen möchten sich mit dem auseinandersetzen, was für sie relevant ist. Und im Content Marketing geht es um Inhalte, die für die Zielgruppe eine Bedeutung  haben, es geht nicht ums Verkaufen. Viele Unternehmen haben erkannt, dass Marketing sehr viel wirksamer ist, wenn man mit relevanten Inhalten arbeitet. Die Umsetzung ist aber, auch das zeigt unsere Studie, nicht immer so einfach. Man muss lernen, Content Marketing Prozesse im Unternehmen zu etablieren, und das braucht eine gewisse Zeit.

89 Zukunftspotentiale des Content-Marketings 00

Blick in die Zukunft: Das Potenzial von Content-Marketing wird von einer großen Mehrheit als hoch oder sehr hoch eingeschätzt. Quelle: PFH Private Hochschule Göttingen: Content-Marketing-Strategien in der Unternehmenspraxis, S. 15.

Gibt es Ergebnisse, die Sie besonders überrascht haben? Wenn ja, welche und warum?

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Prof. Dr. Riekhof: Gerade die Messung und Bewertung des medialen Gegenwertes erfolgreicher Content Marketing Kampagnen kommt unserer Studie zufolge in den meisten Unternehmen zu kurz. Marketingexperten sollten sich angewöhnen, alle ihre Aktivitäten und den damit verbundenen Ressourceneinsatz systematischer als bisher einem Controlling zu unterwerfen. Das gilt ganz besonders für das Content Marketing, weil viele Firmen bereits die Erfahrung gemacht haben, dass es hier eine exzellente Kosten-Nutzen-Bilanz gibt. Die mediale Wirkung einer gut aufbereiteten Story ist um ein Vielfaches größer als die Wirkung einer deutlich teureren Anzeige.

Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür, weshalb viele Unternehmen noch kein schriftlich verfasstes strategisches Konzept haben, obwohl Content-Marketing von der Mehrheit der Teilnehmer als relevant eingestuft wird?

89 Content-Marketing-Strategien Interview mit Professor Riekhof 1

Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof

Prof. Dr. Riekhof: Mein Eindruck ist, dass in manchen Firmen die Marketingaktivitäten sehr stark an operativen Erfordernissen und Notwendigkeiten ausgerichtet sind. Es müssen neue Produkte im Markt vorgestellt werden, es müssen Marktanteilsverluste ausgeglichen werden, es müssen Line Extensions kommuniziert werden, es müssen neue Verpackungen gestaltet werden – da bleibt manchmal nicht die Zeit, sich über die langfristige Marketingstrategie Gedanken zu machen. Das ist natürlich ein klassischer Konflikt: sich heute die Zeit zu nehmen, um für das Morgen konzeptionell besser gerüstet zu sein. Es bleibt aber eine Kernaufgabe des Marketingchefs, hier eine durchdachte langfristige Strategie zu entwerfen und mit der Geschäftsleitung abzustimmen. Auch daran sollten Marketingchefs gemessen werden.

89 Strategisches Konzept für das Content-Marketing 01

Nur 20% der großen Unternehmen haben ein schriftlich fixiertes, verabschiedetes Strategiekonzept zum Content-Marketing. Quelle: PFH Private Hochschule Göttingen: Content-Marketing-Strategien in der Unternehmenspraxis, S. 17.

In der Aufbereitung der Inhalte gibt es laut Studie noch Verbesserungsbedarf. Gut die Hälfte der Befragten ist mäßig zufrieden oder unzufrieden mit der Content-Aufbereitung. Warum glauben Sie, ist das so? Fehlt es an Expertise?

Prof. Dr. Riekhof: Es fehlt möglicherweise an Expertise,  aber mir scheint,  es fehlt vor allem an der Sensibilisierung der Betroffenen für dieses Thema.  Die Wirkung von Content Marketing wird maßgeblich von der Art der Aufbereitung beeinflusst. Wenn Marketingchefs jahrelange Erfahrungen in der aggressiven verkäuferischen Bewerbung ihrer Produkte haben oder wenn sie ihre Markenprodukte mit einer Lifestyle-Inszenierung versehen –  woher sollen sie wissen,wie eine gute journalistische Aufbereitung von Content aussieht? Hier kommen andere Mechanismen zum Tragen, mit denen man sich intensiv auseinandersetzen sollte.

89 Zufriedenheit mit der Content-Aufbereitung 02

Etwas mehr als die Hälfte der Befragten ist nur mäßig zufrieden oder unzufrieden mit der derzeitigen Aufbereitung des Contents. Quelle: PFH Private Hochschule Göttingen: Content-Marketing-Strategien in der Unternehmenspraxis, S. 25.

Weitere interessante Ergebnisse:

  • Gerade bei den großen Unternehmen schätzen die Befragten ein, dass das Budget für Content-Marketing zukünftig ansteigen wird (80% große Unternehmen, 56% mittlere Unternehmen, 50% kleine Unternehmen).
  • Bei den Zielen, die mit Content-Marketing verfolgt werden, steht an erster Stelle die Kundenbindung (74%), dicht gefolgt von der Steigerung der Marken- und Unternehmensbekanntheit (70%).
  • Als wichtigste Content-Ideenquelle wird der Bereich Marketing & Sales genannt (82% der Nennungen).
  • Die Produkte sind mit 71% das Top Thema beim Content-Marketing.
  • Die eigene Webseite ist mit 95% der meistgenutzte Owned-Media-Kanal, gefolgt von Newsletter und Mailings (74%).
  • Mehr als ein Viertel der Unternehmen führt für das Content-Marketing gar keine Erfolgsmessung durch.

 

Zur Studie: Die empirische Untersuchung der Privaten Hochschule Göttingen wurde zwischen November 2015 und Januar 2016 durchgeführt. Mittels eines Fragebogens wurden 165 Unternehmen zu den fünf Bausteinen Content-Strategie, Content-Sammlung, Content-Aufbereitung, Content-Distribution und Content-Controlling befragt. Die vollständige Studie steht zum Download bereit.