Inbound Marketing: „Kundenreferenzen fungieren als ‚Trust Element‘“ – Interview mit Robert Weller

Von | 19. September 2016

Beim Inbound Marketing werden Zielgruppen nur dann angesprochen, wenn sie das auch wirklich wollen. Im Interview mit Robert Weller haben wir über Herausforderungen, Tipps und geeignete Content Formate gesprochen. Er ist Marketing Manager, Dozent und schreibt in seinem Blog toushenne.de unter anderem über Themen des Inbound und Content Marketings.

Warum ist Inbound Marketing Deiner Erfahrung nach effektiver als „klassische Werbung“?

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Robert Weller: Um diese Frage konkret zu beantworten, müssten wir eigentlich „klassische Werbung“ definieren. Was Inbound Marketing jedoch grundlegend so effektiv macht, ist die Philosophie dahinter. Die Methodik – Inbound Marketing ist an sich ein eher operatives Konzept – basiert auf dem Grundgedanken des „Permission Marketing“, wie ihn Seth Godin in seinem gleichnamigen Buch zu Papier gebracht hat. Der Unterschied zu klassischem Marketing ist der, dass Zielgruppen nur dann angesprochen werden, wenn sie das auch wirklich wollen. Das setzt eine vorherige Kontaktaufnahme, oder zumindest ein eindeutiges Signal, ihrerseits voraus – daher auch der Begriff „Inbound“.

Einen Schritt weiter gedacht geht es darum, diese Personen nicht mit der klassischen Werbung anzusprechen, die sie im Endeffekt doch nicht sehen wollten, sondern ihnen auf ihre Bedürfnisse, Interessen und Wünsche zugeschnittene Informationen (also das, was wir „Content“ nennen) zu liefern. Diese Herangehensweise schafft zunächst ein Vertrauensverhältnis (siehe unten), das den eigentlichen Sales Pitch aus Sicht des Unternehmens erleichtert und das zu erwartende Ergebnis verbessert.

Vor welchen Herausforderungen stehen B2B-Marketer beim Inbound Marketing?

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Robert Weller: Eine der größten Herausforderungen ist möglicherweise die Definition der „Zielgruppen“. Im B2B-Bereich ist die Identifikation der richtigen Ansprechpartner weitaus schwieriger als im B2C-Bereich, da meistens mehrere Personen am Entscheidungsprozess beteiligt sind – sowohl aus fachlichen, als auch hierarchischen Gründen. Inbound Marketer müssen in dieser Hinsicht abwägen, für wen sie Content aufbereiten: Für Experten, die fachlich eine Entscheidung treffen müssen, oder doch lieber für die C-Ebene, die das Budget dafür freigibt. Im Endeffekt ist beides sinnvoll, denn die Informationen verteilen sich wunderbar über den Conversion-Funnel. Im ersten Schritt braucht der Ansprechpartner fachliche Informationen um Alternativen abzuwägen, im zweiten Schritt braucht er Argumente, die er bei seinem Vorgesetzten vorbringen kann.

Inbound & Content Marketing Experte Robert Weller

Robert Weller schreibt auf toushenne.de über Themen rund um Inbound & Content Marketing

Meiner Erfahrung nach ist die Trennung zwischen B2B und B2C so strikt gar nicht zwingend erforderlich. Denn durch die direkte Ansprache der „Zielgruppe der Zielgruppe“ entsteht am Markt eine Nachfrage, die potenziellen Unternehmenskunden auch zugutekommt.

Weitere Herausforderungen im B2B Inbound Marketing sind die Auswahl der Plattformen, die zeitliche Steuerung der Kommunikation, insbesondere in Hinblick auf Automatisierungsmöglichkeiten, sowie die sinnvolle Übergabe von Leads aus dem Marketing an den Vertrieb. Gerade letzteres resultiert in einem ROI, der hinter den Erwartungen zurückbleibt – sofern er denn überhaupt gemessen wird.

Ach ja, viele B2B-Marketer kämpfen wahrscheinlich noch an vorderster Front um überhaupt erstmal ein Budget für Inbound Marketing zu erhalten …

Was sind Deine Top 3 Tipps für ein strategisches B2B-Inbound Marketing?

Robert Weller:

  1. Erst Denken, dann Handeln. Inbound Marketing ist wie es im Lehrbuch steht (das heißt v.a. von HubSpot kommuniziert wird) ein operativer Ansatz, dem ein strategisches Rückgrat fehlt. Dieses ist jedoch wichtig, um nicht nur blind Content zu produzieren und dabei (im Idealfall) Leads zu generieren, sondern das volle Potenzial auszuschöpfen und gleichzeitig bspw. die Marke zu stärken oder die Kundenzufriedenheit zu verbessern.
  2. Content als Vermögenswert verstehen, nicht als „Kostenfaktor“. Inbound Marketing basiert zum Großteil auf der Bereitstellung von Content – über diverse Kanäle hinweg. Da ist es besonders wichtig und effizient diesen Content sinnvoll einzusetzen. Da gehört die plattformunabhängige Konzeption ebenso dazu wie die Wiederverwertung und konstante Aufbereitung vorhandener Inhalte.
  3. Was funktioniert, automatisieren und Zeit schaffen, um Neues zu testen. Inbound Marketing ist besonders effektiv, wenn es automatisiert werden kann. Ob das nun die Content-Produktion im Sinne effektiver Prozesse oder die Leadgenerierung im technischen Sinne ist. Automatisierung schafft Freiraum, um neue Wege zu erkunden.

Wenn ich noch einen vierten Tipp ergänzen darf, dann empfehle ich die interdisziplinäre Organisation des Teams und konstantes Training. Beim Inbound Marketing arbeiten nicht nur Marketing und Vertrieb zusammen, sondern auch Research/Analytics, Text, Design und weitere. Bereichsübergreifende Schulungen helfen jedem Einzelnen zu verstehen, worauf es dem Kollegen ankommt. In Summe entsteht langfristig eine wirkungsvolle Einheit, die gemeinsame Ziele verfolgt.

Welche Content-Formate eignen sich am besten für eine Conversion-Optimierung?

Robert Weller: Unterm Strich bietet meines Erachtens die Website an sich, insbesondere das Design* von Landingpages, sowie die Positionierung von Calls-to-Action das größte Potenzial. Optimiert werden können aber eigentlich alle Inhalte, wobei nicht (!) alle die Conversion im Sinne eines Kaufabschlusses zum Ziel haben. Blogartikel können bspw. dahingehend optimiert werden, dass Nutzer weiterführende Content-Angebote in Anspruch nehmen – sei es der nächste Artikel, ein E-Book oder den Newsletter. Hier gilt es verschiedene Möglichkeiten zu testen, denn eine Pauschallösung gibt es (glücklicherweise) nicht. Grundlegend kann aber auch das Design getestet werden, von der Farbe über die Schrift bis hin zur Struktur; und zwar von einer Website, einer SlideShare-Präsentation oder einzelner Elemente wie Buttons, Popups oder Bilder.

Die Grundlage für die Optimierung sind Daten und die richtige Interpretation dieser. Denn nicht immer muss die Conversion optimiert werden, manchmal reicht es auch, den Traffic zu steigern. Ohne Daten wird schnell an der falschen Stelle investiert.

Weitere Infos gibt’s hier: Historische Content-Optimierung: Generiere mehr Traffic und Conversions. 

Vertrauen im B2B-Business ist wichtig. Wie kann Vertrauen in der digitalen Welt aufgebaut werden?

Robert Weller: Vertrauen aufzubauen geschieht im B2B genauso wie überall anderes auch, denn Beziehungen entstehen zwischen Menschen, nicht Unternehmen. Die korrektere Bezeichnung wäre daher auch People-to-People, sprich „P2P“. Die Methodik leitet sich dementsprechend von den Grundregeln im Umgang mit anderen Menschen ab. Das sind, nach dem amerikanischen Schriftsteller Jams Thurber, vor allem die folgenden drei:

  1. Aufhören zu kritisieren
  2. Das Positive hervorheben
  3. Die Wünsche anderer ansprechen

Wie wir das Vertrauen (potenziellen) Kunden gewinnen, unserer Kommunikation eine persönliche Note verleihen und nachhaltige Beziehungen aufbauen, beschreibe ich detailliert in meinem Artikel „7 Wege um das Vertrauen anderer Menschen zu gewinnen (und zu behalten)“. Darin gehe ich besonders auf diese sieben Aspekte ein:

  1. Freundlich sein
  2. Nähe schaffen
  3. Auseinandersetzungen vermeiden
  4. Fehler zugeben
  5. Empathisch sein
  6. Anerkennung geben
  7. Persönliche Erlebnisse teilen

Durch diese Komponenten entstehen ein Vertrauensverhältnis und langfristige Beziehungen – auch im B2B-Bereich.

Welche Rolle spielen dabei Kundenreferenzen?

Robert Weller: Kundenreferenzen fungieren als „Trust Element“, denn sie signalisieren einem Interessenten, dass andere Kunden sehr zufrieden sind. Leider werden sie meistens nur grafisch implementiert, ohne eine konkrete Story dahinter. Das Problem bei dieser Art der Nutzung liegt darin, dass es für den Interessenten nur sehr schwer nachvollziehbar ist, ob die Referenz authentisch ist. Meines Erachtens bieten zufriedene Kunden ein weitaus größeres Potenzial, wenn sie bspw. für umfangreichere Customer Success Stories oder Case Studies zur Verfügung stehen. Denn dadurch werden Sie zu vertrauenswürdigen Markenbotschaftern (weil real und digital nahbar), ohne dass sich das Unternehmen selbst profiliert.

Der Fokus auf Nutzer, sprich Kunden, ist auf lange Sicht die beste Strategie. Das beweisen Unternehmen wie Buffer oder Slack, die ihren Erfolg nicht anhand von Umsatzzahlen oder Conversion Rates messen, sondern anhand von Kundenzufriedenheit und der Weiterempfehlungsrate. Genau das ist auch Ziel von Inbound Marketing. Denn selbst wenn dem Konzept eine starke Vertriebsausrichtung nachgesagt wird, ist es dennoch eines der wenigen Modelle, die die Kundenbindung explizit integriert, anstatt beim Kaufabschluss zu enden.