Babak Zand ist Content-Stratege und schreibt auf seinem Blog babak-zand.de rund um das Thema Content-Strategie. Wir haben mit ihm über die Bedeutung einer Content-Strategie gesprochen und welche Content-Marketing-Formate sich eigentlich in welcher Phase einer Customer Journey besonders gut eignen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Content-Strategie und einer Content-Marketing-Strategie?
Babak Zand: Die Content-Strategie regelt im Grunde alles, was mit Strukturen und Prozessen im Unternehmen zu tun hat. Dazu gehören unter anderem Guidelines, Workflows, Freigabeprozesse, Tools, aber auch Personal- und Organisationsfragen. Die Content-Strategie bildet die Grundlage für erfolgreiches Content Marketing, was wiederholbar ist.
Die Content-Marketing-Strategie ist sozusagen die Story, also die übergeordnete Botschaft. Aus dieser ergibt sich dann, was das Unternehmen sagen möchte, an wen sich die Botschaft richtet und welche Kanäle und Content-Formate dafür genutzt werden.
Warum ist es so wichtig, eine Content Strategie zu haben?
Babak Zand: Das liegt zum einen daran, dass digitale Technologien rapide zunehmen und Alltag unseres täglichen Lebens sind. Zielgruppen fragmentieren sich immer stärker. Da es so viele Kanäle gibt, nehmen die Touchpoints, an denen der Nutzer oder Kunde in Berührungen mit meinen Inhalten kommt, immer mehr zu. Die lineare Customer Journey, die wir mal gelernt haben, ist das erste Opfer dieser Digitalisierung. Stattdessen haben wir immer mehr Einstiegspunkte, die, wenn wir keiner Strategie folgen, Budget und Ressourcen verschlingen.
Ein weiterer Grund ist folgender: Je größer das Unternehmen ist, desto mehr Abteilungen, Personen und Funktionsbereiche kommunizieren und alle haben unterschiedliche Anspruchsgruppen – von internen und externen Mitarbeitern über Kunden bis hin zu Lieferanten. Wenn alle unterschiedlich kommunizieren, dann ergibt sich ein babylonischer Turm – und der ist inkonsistent.
Deshalb ist eine Content-Strategie wichtig, denn sie hilft, Strukturen und Prozesse im Unternehmen zu etablieren um schließlich Content-Marketing zu betreiben und eine einheitliche Botschaft zu erzielen. Ich muss einen roten Faden verfolgen. Wenn dieser nicht da ist, dann ist man aufgrund der zahlreichen Touchpoints und Zielgruppen irgendwann einfach überlastet und fängt an, wild Inhalte in die Atmosphäre zu blasen, ohne wirklich eine Idee zu haben, was ich damit eigentlich bewirken will. Das kostet Zeit, Ressourcen und schädigt das ganze Thema Content-Marketing und Content-Management im Unternehmen.
Warum habenviele Marketer noch keine Content Strategie?
Babak Zand: Es gibt mehrere Punkte, die da eine Rolle spielen. Das hat unter anderem mit Change-Management, mit Leadership zu tun. Oft höre ich, dass Unternehmen keine Zeit und keine Ressourcen haben oder die Masse an Aufgabenüberwältigend scheint.
Auch kann eine Strategie weh tun: Denn sie beschreibt nicht nur, was ich in Zukunft machen soll, um vom Ist- zum Soll-Zustand zu kommen. Eine Strategie zwingt mich auch, zu entschieden, was ich in Zukunft nicht mache. Diese Entscheidungen sind manchmal sehr schwierig, darum geht man ihnen in einigen Unternehmen lieber aus dem Weg, um keine Fehler zu riskieren.
Eine Strategie sollte im Optimalfall immer auf validen Daten, also Analyseergebnissen, bestehen. Und da kommt man automatisch in den Bereich, wo man anhand von Fakten feststellt, was funktioniert und was nicht. Und das kann teilweise unangenehm werden, denn dann steht alles auf dem Prüfstand und das ein oder andere Fürstentum im Unternehmen steht auf der Kippe. Ein weiterer Grund kann der Mangel an Personal sein – immerhin läuft das Tagesgeschehen ganz normal weiter.
Doch ich denke, dass das Problem weniger die Entwicklung einer Strategie ist, sondern vielmehr die Umsetzung selbst. Die Realität ist nämlich, dass viele Unternehmen „einfach mal machen“. Man soll sich zwar nicht zu Tode denken und man soll eine Strategie auch nicht nur der Strategie wegen machen. Wenn ich allerdings nicht strategisch überlege, worauf ich mich konzentrieren muss, dann kann „einfach mal machen“ auch ganz schnell „einfach mal Geld zum Fenster rausgeblasen“ bedeuten. Spätestens an dem Punkt, wo ich als kleines Unternehmen vom Wettbewerb unter Druck gerate und schauen muss, dass ich wachse und Kunden akquiriere, brauche ich eine professionelle Strategie.
In Deinem Blog gibst Du auchTipps zur Content-Strategie.Kannst Du für uns kurz umreißen, wie man vorgehen sollte, um eine erfolgreiche Content Strategie aufzubauen?
Babak Zand: Ich würde zunächst prüfen, wie viele Ressourcen ich habe. Dem Projektteam müssen für die Entwicklung einer Content-Strategie Informationen verständlich gemacht werden. Und dann fängt man mit einem Content-Audit an. Das ist eine Bestandsaufnahme der ganzen Inhalte, also dem Ist-Zustand. Auf Basis der gesammelten Daten mache ich eine Analyse, um den Wettbewerb und den Markt kennenzulernen. Das kann eine Benchmarkanalyse sein, bei der ich schaue, was bei anderen gut läuft. Bei der Konkurrenzanalyse erarbeite ich, was meine direkte Konkurrenz macht. Sehr bekannt ist auch die SWOT-Analyse, bei der ich Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken ausarbeite.
Mit diesen validen Daten kann ich dann arbeiten und – noch viel wichtiger – ich habe mit diesen Daten handfeste Argumente, wenn es darum geht, strategische Entscheidungen zu treffen. Anhand des Content-Audits überlege ich, wer meine Zielgruppe ist und welche Botschaften ich kommunizieren möchte. Die Schnittstelle zwischen dem, was meine Zielgruppe interessiert und dem, was ich kann, ist die Story und aus dieser entwickele ich dann meine Content-Marketing-Strategie: Wie sieht meine Persona aus? Welche Inhalte benötigt diese Persona an welcher Stelle ihrer Customer Journey? Auf welchen Kanälen erreiche ich meine Zielgruppen am ehesten? Schließlich wird das alles mit Hilfe der Datenanalyse kontrolliert und optimiert.
Zurück zum Content-Marketing: Wir haben über die Digitalisierung gesprochen. Wie genau kann in der digitalen Welt Vertrauen aufgebaut werden?
Babak Zand: Auch beim Aufbau von Vertrauen geht es um Inhalte. Früher bist du ins Autohaus gegangen und hast dich am Point-of-Sale über die Produkte informiert. Heute generierst du alle Informationen in der Research-Phase über die digitalen Kanäle. Erst dann gehst du ins Autohaus und machst vielleicht eine Probefahrt und verhandelst über den Preis. Content-Marketing ist nicht zwangsläufig ein digitales Instrument, aber ganz viele Kanäle sind digital geworden. Das Unternehmen, das es schafft, punktgenau für seine Zielgruppe die besten Informationen bereitzustellen – also die richtigen Inhalte für die verschiedene Touchpoints zum richtigen Zeitpunkt – gewinnt Vertrauen und nimmt den potenziellen Kunden mit.
Welche Content-Marketing-Formate eignen sich am besten für B2B-Unternehmen?
Babak Zand: Es kommt immer ein bisschen auf die Branche an. Was gut funktioniert, sind auf jeden Fall Case Studies und Whitepaper, denn dabei handelt es sich um wirklich gut recherchierte Inhalte. Die Frage ist jedoch zunächst einmal, für wen ich Content Marketing gerade betreibe: Wenn ich einen Nutzer anspreche, der noch kein Kunde ist, dann muss ich ihn zunächst einmal „anfüttern“ – er weiß vielleicht noch gar nicht, dass er ein Problem hat. Je weiter er in meinen Verkaufstunnel, meinen Content Funnel, hineingeht, desto detaillierter müssen die Informationen sein. Am Anfang erreiche ich Aufmerksamkeit vielleicht mit Blogartikeln und Videos, die Probleme darstellen, in denen sich die Nutzer wiederfinden. Doch je schwieriger die Entscheidungsfindung, desto mehr Inhalte braucht man. Je besser diese schließlich sind, desto eher wird der Nutzer bereit sein, auf diese Inhalte zu reagieren. Und dann kann zum Beispiel eine gut recherchierte Case Studies das Zünglein an der Waage sein.
Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen beim Content-Marketing?
Babak Zand: Ich glaube, viele Unternehmen wissen noch gar nicht so richtig, was sie machen und wo sie anfangen sollen, weil ihnen die Strategie fehlt. Oder sie haben eine Strategie, wissen aber nicht, wie sie diese nun optimal umsetzen sollen. Persönlich glaube ich, dass die Frage der Umsetzung das größere Problem ist. Denn was wir gerade unter dem Begriff „Content-Marketing“ fassen, ist in meinen Augen ein viel größeres Thema, was auch Auswirkungen auf die Organisation und Struktur eines Unternehmens hat. Da bewegen sich nachher viele Rädchen gleichzeitig, und wenn das nicht gut koordiniert ist, kann das auch in die Hose gehen. Ich glaube, dass viele Unternehmen, gerade im KMU-Bereich, davor Angst haben.
Wird Content Marketing in Zukunft weiterhin wichtig sein?
Babak Zand: Ich denke, Content Marketing wird sich weiterentwickeln. Ich hoffe, dass es sich so entwickelt, dass wir mehr sehen als nur die Verwendung redaktioneller Inhalte im Marketing. Inhalte vermitteln Erfahrungen und ich glaube, dass Inhalte und der Umgang mit ihnen (Content-Management) in Zukunft viel wichtiger werden. Die Strukturierung von Daten, die Bearbeitung und Aufwertung von Inhalten werden zukünftig auch bei der Umsetzung anderer Unternehmensziele von großer Bedeutung sein.
Über Babak Zand:
Neben seiner Tätigkeit als Blogger berät Babak Zand als freier Content-Stratege Unternehmen dabei, wie man Strukturen und Prozesse entwickelt und einführt, um eine nutzerorientierte, dokumentierte Content-Strategie für deren digitale Kommunikation zu entwickeln. Derzeit macht Babak seinen Master im Bereich „Digital Business Management“.